Autoimmunkrankheiten neigen dazu, während der Schwangerschaft nachzulassen, und bei Frauen mit Multipler Sklerose zeigt sich, dass weniger Rückfälle der Krankheit während der Schwangerschaft auftreten. Wissenschaftler glauben, dass dies geschieht, weil der Körper während der Schwangerschaft seine Immunantwort zügelt, um den Fötus nicht abzustoßen - und so auch Autoimmunerkrankungen entgegenwirkt. Wie dies genau geschieht, ist bis heute nicht ausreichend verstanden. 

Um dieses Phänomen zu untersuchen, analysierte Stefan Gold, Neurowissenschaftler am Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, zusammen mit Kollegen die T-Zell-Populationen von elf MS-Patientinnen vor, während und nach der Schwangerschaft und von zwölf Frauen ohne MS während und nach der Schwangerschaft. Sie teilten die T-Zellen auf der Grundlage einer genetischen Analyse der Rezeptoren der Zellen in verschiedene Gruppen ein.

Die Forscher konnten zeigen, dass die T-Zellen der MS-Patienten im ersten Trimester von nur wenigen Typen, den sogenannten Klonen, dominiert wurden. Zwischen dem ersten und dritten Trimester nahmen diese dominanten Klone in ihrer Häufigkeit ab, und die T-Zellen wurden gleichmäßiger über die verschiedenen Populationen verteilt. Bei Frauen ohne MS waren die schwangerschaftsbedingten Veränderungen im T-Zell-Repertoire nicht signifikant. 

Als nächstes identifizierten Gold und sein Team so genannte Klonkandidaten, die in ihrer Anzahl zwischen dem ersten und dritten Trimester überdurchschnittlich stark abnahmen, sich nach der Schwangerschaft jedoch wieder erholten. Es zeigte sich, dass die Klonkandidaten, die diesem Profil entsprachen, für jeden MS-Patienten individuell waren. Die Forscher vermuten, dass genau diese individuellen Subpopulationen von T-Zellen, die während der Schwangerschaft verschwinden, für die Pathogenese der MS entscheidend sein könnten, da auch das Rückfallrisiko der Erkrankung in diesem Zeitraum entsprechend verringert ist.

Eine zukünftige klinische Anwendung der Arbeit läge darin, die T-Zell-Populationen von MS-Patienten zu verfolgen, wenn sie schwanger werden, und dann die T-Zellen, deren Häufigkeit während der Schwangerschaft abnimmt, durch personalisierte Therapien ins Visier zu nehmen.

Ein langfristiges Ziel der Forscher ist es, den Mechanismus zu identifizieren, durch den die T-Zellen während der Schwangerschaft selektiv herunterreguliert werden. Wäre es möglich, diesen „Schalter“ durch Medikamente therapeutisch zu adressieren, könnte der schützende Effekt auch bei nicht-schwangeren Menschen erzielt werden.

Quelle: https://www.the-scientist.com/news-opinion/ms-relief-during-pregnancy-tied-to-changes-in-t-cell-types-66732

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